Sie ist reizbar, rätselhaft und viel älter als er ? und sie wird seine erste Leidenschaft. Sie hütet verzweifelt ein Geheimnis. Eines Tages ist sie spurlos verschwunden. Erst Jahre später sieht er sie wieder. Die fast kriminalistische Erforschung einer sonderbaren Liebe und bedrängenden Vergangenheit.
Der 15-jährige Gymnasiast Michael Berg lernt Ende der 1950er Jahre in Heidelberg
Hanna Schmitz kennen. Die 20 Jahre ältere Straßenbahnschaffnerin kümmert
sich um ihn, als ihm, an Gelbsucht erkrankt, auf dem Nachhauseweg übel
wird. Wieder gesund besucht er sie und erlebt mit ihr seine erste Liebe.
Bald entwickelt sich während der heimlichen Treffen in ihrer Wohnung ein
Ritual, das der zunächst rein körperlichen Beziehung eine seelische Dimension
gibt: Michael muss Hanna, über deren Vergangenheit er nur wenig erfährt,
stets vor dem Liebesakt vorlesen. Eines Tages verschwindet Hanna spurlos
aus der Stadt. Erst Jahre später sieht er sie als Jurastudent in einem
Auschwitz-Prozess wieder, wo sie mit anderen ehemaligen KZ-Aufseherinnen
unter Anklage steht. Im Gerichtssaal findet Michael die lang gesuchte Erklärung
für Hannas ungeschickte Verteidigung und für viele ihrer Handlungen: Sie
ist Analphabetin, verheimlicht dies aus Scham auch im Prozess und wird
zu lebenslanger Haft verurteilt. Ihre Mitangeklagten, die ihr die Hauptschuld
für ein grauenhaftes, schriftlich dokumentiertes Verbrechen zugeschoben
haben, erhalten nur geringe Freiheitsstrafen. Michael, der sich mitschuldig
fühlt, schickt ihr regelmäßig Kassetten ins Gefängnis, die er mit Weltliteratur
besprochen hat. Anhand der Kassetten lernt Hanna autodidaktisch lesen und
schreiben und beginnt sich mit den Verbrechen der Nationalsozialisten auseinander
zu setzen. Nach 18 Jahren Haft nimmt sie sich kurz vor ihrer Entlassung
das Leben.