Am 3. Mai 2007 verschwindet im portugiesischen Praia da Luz die knapp 4-jährige Madeleine McCann auf mysteriöse Weise aus einem Ferienapartment. Bis heute fehlt von ihr jede Spur.
Insbesondere das außergewöhnlich starke öffentliche Agieren ihrer Eltern verschaffte dem bislang unaufgeklärten Kriminalfall eine spektakuläre Bekanntheit. Es warf jedoch, in Verbindung mit einer mit der von den McCanns propagierten Entführungsversion unvereinbar erscheinenden Spurendetektion durch exzellent geschulte Blut- bzw. Leichenspürhunde, auch kritische Fragen bezüglich einer mögliche Verwicklung der Eltern selbst in Madeleines Verschwinden auf. Da Madeleines Mutter und Vater aber jedwede Beteiligung verneinen, die DNA-Analysen der von den Hunden angezeigten Spuren letztlich ergebnislos verliefen und das Mädchen bis heute nicht wieder aufgetaucht ist, besteht das kriminalistische Aufklärungsinteresse seines erlittenen Schicksales und damit der vorgefallenen Straftat weiter fort.
Die vorliegende Arbeit stellt die offiziell erste umfangreiche psychologische Untersuchung dieser Vermisstenangelegenheit dar. Insbesondere das von den Eltern nach dem in Frage stehenden Ereignis so umfangreich produzierte Blog-, Appell- und Interviewmaterial, das im Falle ihrer Verwicklung mit zum aufschlussreichen, durch Tarnung und Abwehr einerseits, aber auch durch ein potenzielles Durchscheinen der verheimlichten bzw. verdrängten Erlebnisinhalte andererseits geprägten Nachtatverhalten gerechnet werden kann, erscheint offiziell noch nicht als erschöpfend analysiert. Entsprechend widmet sich die vorliegende Arbeit schwerpunktmäßig dieser Untersuchung.
Es wird dabei davon ausgegangen, dass für ein derartiges Erkenntnisinteresse insbesondere die unausgesprochenen, d. h. die impliziten und unbewussten Gehalte des zu analysierenden Materials von Bedeutung sind. Auf eben diesen soll darum hier das Hauptaugenmerk liegen.
Auf über 600 Seiten wird der Leser an den Tatort geführt, taucht ein in die sich im Analysematerial entfaltenden psychologischen Erlebniswelten und kann jeden Interpretationsschritt durch dessen sorgfältige Dokumentation im Anhang selbst kritisch nachvollziehen.