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Mürrisch, kompromisslos wie und eh je und nach dem Tod seiner Tochter auch vollkommen wortlos ist der Hauptkommissar Behzat C. auch in "verschütt gegangen" unermüdlich im Einsatz, widersetzt sich den Gepflogenheiten des türkischen Polizeiapparats und pflegt seine Vorliebe für Alkohol und Zigaretten.
In dem neuen Krimi von Emrah Serbes begeben sich der desillusionierte Polizist und seine Kollegen von der Mordkommission Ankara auf die Spur eines Serienmörders, der die Polizei nach jedem Mord über die Grabstätte der Opfer informiert. Behzat C., der sich mit dem Mörder nicht nur den Psychologen, sondern auch einige andere Wesenszüge teilt, buddelt sich mit seinem Team durch die türkische Hauptstadt, hinkt dem Täter aber trotzdem immer einen Schritt hinterher.
Emrah Serbes verlangt seinen Lesern eine große Spannbreite an Humor ab, tiefschwarze Passagen stehen neben reinstem Krimi-Ulk, bei dem regelmäßig ein dreibeiniges Kaninchen durch das Bild hoppelt. Und auch wenn sich die beteiligten Kommissare nie ernsthaft ihre mürrische Stimmung verderben lassen, gibt es doch einige böse Pointen. So laufen sich der Psychopath und der Kommissar beim selben Psychiater über den Weg, politische Verbrechen werden von der Polizeiführung mit steilem Karrieresprung geahndet. Schließlich erzählt Serbes bei allem Klamauk die Geschichte eines Jungen, den der Staat mit jedem neuen Erziehungsversuch zum Verbrecher gemacht hat. Dem Buch vorangestellt ist übrigens ein Zitat aus der bewegenden Trauerrede, die Rakel Dink für ihren ermordeten Mann, den türkisch-armenischen Journalisten Hrant Dink, gehalten hat: "Ohne die Finsternis zu hinterfragen, die aus einem Baby einen Mörder macht, ist alles Tun vergeblich, meine Brüder, meine Schwestern." [Quelle: Thekla Dannenberg, perlentaucher.de, Juli 2012]