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Am Anfang von Anne Dorns neuem Roman Spiegelungen steht das Kind Minza allein am Heck eines die Elbe in Dresden flussaufwärts stampfenden Schaufelraddampfers. Sie beobachtet die Mutter. Unerklärliche Dinge geschehen - Minza begreift nicht, warum gerade jetzt und hier. Hat sie mitverursacht, was mit Wucht ihr Kindsein aus den Fugen hebt?
Am Ende von Spiegelungen suchen zwei alte Frauen die gegenseitige Nähe, eigentlich aber die Nähe zu einem Menschen, der schon lange verstorben ist. Es ist die alte Geschichte vom Wunsch nach Zugehörigkeit.
In einer klaren Sprache, poetisch schön und direkt zugleich, weit über die eindrücklichen und einprägsamen Details hinaus, lässt Anne Dorn das Kind Minza heranwachsen, zur jungen Frau, zur Partnerin, zur Mutter - und alt werden. Jede Lebensphase trägt einen Neuanfang in sich.
"Zu verstehen war da nichts, wie an einem lebendigen Menschen nichts zu verstehen ist, und nur momentweise etwas von ihm festgehalten und an ihm gefunden werden kann." Die Frage: Wer bin ich und wohin gehöre ich? wird in Anne Dorns Roman wieder einmal gestellt - von einer Autorin mit ganz eigener Lebenserfahrung. Der Reiz von Spiegelungen liegt in der Wahrhaftigkeit, mit der Anne Dorn ihre Figuren spiegelt.
"Was dieses Buch so besonders macht, ist die Erfahrungsfülle Anne Dorns, eine so variantenreiche Empfindungs- und Wahrnehmungsbegabung, die selten ist - die Lektüre ist ein großes Vergnügen an pointierten Worten, ein Innehalten und Mehrfachlesen vieler schöner und tiefer Sätze. ... Um Paare geht es, Liebesversuche und deren Scheitern. Um das Alleinsein, Sich-wieder-Binden. Das Älter- und Altwerden, die Endlichkeit. Mit der Form der brüchigen Verbundenheit der einzelnen Episoden nähert sich die Autorin der Erzählbarkeit von Leben. Es gibt kein Ziel, aber ein ständiges Geschehen. Anne Dorns Erzählkunst macht daraus eine große Fülle."[Quelle: Carola EbelingRheinischer Merkur]"...wie in ihren letzten Arbeiten greift die Grand Dame der Literatur, die in diesem Jahr ihren 85. Geburtstag feiert, auch hier wieder ihr Generalthema der Trennungen, Verluste und des sich Wiederfindens auf, vor dem zeitgeschichtlichen Hintergrund eigener Lebenserfahrungen."[Quelle: Der Freitag]"Die erstaunliche Komplexität des Romans drängt sich seinen Lesern nie in umständlichen Konstruktionen au, sondern geht ganz in den Stoffe in. ... Anne Dorn führt ihre Leser spannend und zielsicher durch ihre Erzählungen: ihre Frauenfiguren überzeugen; sie wissen, was sie wollen. ... Eine schöne, sinnliche Prosa voller Erfahrung."[Quelle: Thomas LindenKölnische Rundschau]"Anne Dorns Stärke liegt in der bewussten Hinwendung zur Sinnlichkeit. Details von Kleidung, Schmuck und gesellschaftlicher Atmosphäre werden fein, aber scharf konturiert beschrieben. Vitalität gewinnen die Bilder, weil eine ahnungsvolle Bedrohung in sie eingewebt ist. Fünf Frauen in fünf verschiedenen Lebensaltern zeigt der Roman; fünf atemberaubend spannende Situationen entwickeln sich. Wobei die Schicksale ganz verschieden sind, sich aber als fünf Versionen des Weiblichen erweisen. Anne Dorn weiß, wie starke Prosa auszusehen hat. Es bleibt zu wünschen, dass sie dort weiter schreibt, wo die "Spiegelungen" enden. Anne Dorn schreibt bildstarke Romane."[Quelle: Thomas LindenKölnische Rundschau]