Ein junger Mann aus betuchten Verhältnissen verlässt sein Elternhaus, um in Berlin zu studieren. Seine Karriere ist geplant, er soll Diplomat werden. Mit grossem Eifer betreibt er seine Studien und verkehrt vor allem in Kreisen, die seiner bürgerlichen Familie nahestehen. Als er Sibylle trifft, verändert sich sein geordnetes Leben. Von Anfang an ist er der attraktiven, unnahbaren Variétésängerin verfallen. Er lernt durch sie das Nachtleben der Grossstadt kennen; flüchtet vor der hoffnungslosen Liebe in den Alkohol, die Krankheit und aufs Land. Gleichzeitig weiss er jedoch, dass es keinen Ausweg gibt: »Im Grunde kann man für Sibylle nur sterben. Für sie zu leben, sagten meine Freunde, sei entwürdigend.«- Die im Frühling 1933 erstmals erschienene »Lyrische Novelle« stand im Schatten von Hitlers kurz zuvor erfolgter Machtergreifung. Die Aufnahme und Verbreitung des Buches wurde dadurch stark erschwert. Aber schon damals rühmte die Kritik die Musikalität und moderne Sachlichkeit der Sprache. Noch stärker als in jener Zeit zieht der Text heute eine besondere Aufmerksamkeit auf sich: als eine frühe literarische Darstellung von lesbischer Liebe. Das Buch erzählt zwar von der unglücklichen Liebe eines Mannes zu einer Frau. Doch die Autorin bekannte nach der Veröffentlichung: Zum besseren Verständnis der Geschichte »hätte man eingestehen müssen«, dass der Held »kein Jüngling, sondern ein Mädchen« sei.