Hinter der Maske des ehrenwerten Bürgers lauert Robert Macaire. Ob er als Anwalt oder Arzt, Literat, Lebensretter, Politiker oder Philantrop auftritt, er ist und bleibt ein skrupelloser Popanz. Nicht immer ganz stilsicher und sicher nicht der Schlauste, aber in Sachen Selbstmarketing mit allen Wassern gewaschen und immer weiß er, seinen Schnitt zu machen. - Zweiundzwanzig kurze Skizzen des geld- und geltungssüchtigen Bourgeois, der notfalls über Leichen geht, illustriert mit vierundvierzig Karikaturen von Daumier.Ursprünglich hatten die Verfasser des Melodrams 'L'Auberge des adrets' ihm 1823 nur eine undankbare Nebenrolle zugedacht: Der Räuber Robert Macaire sollte ein paar Gräueltaten begehen, um dann als reuiger Sünder sterbend den Triumph der bürgerlichen Moral über das Verbrechen zu bezeugen. Die komödiantisch gestimmten Schauspieler aber rückten Robert Macaire mehr und mehr in den Mittelpunkt, tauschten seine Räuberkluft gegen Zylinder, Schal und Gehstock, das, wenn auch etwas zerlumpte, Kostüm des wohlhabenden Bürgers, sie ließen ihn tricksen und täuschen, ersparten ihm seinen moralinsauren Tod und hoben ihn in den Himmel der Diebe. 1834 war das Stück vollends umgemodelt: Das affirmative Rührstück alter Schule war zu einer Satire über die Oligarchie der finanzkräftigen Bürger mutiert, Robert Macaire ihr Titelheld.Das Publikum liebte das neue Stück 'Robert Macaire, ce cynique scapin du crime', die Obrigkeit nicht, 1835 wurde es im Rahmen der Septembergesetze verboten. Zur Dernière spendierten ihm die Schauspieler noch einmal eine neue Verkleidung: Robert Macaire tritt als Louis-Philippe I., genannt der Bürgerkönig, auf die Bühne und macht sich in der Schlussszene im Heißluftballon davon - das, wie es im Stück heißt, angemessene Fluchtfahrzeug für den Verbrecher der modernen Zeiten.Unsterblich war er da schon längst. Die Karikaturen Daumiers 'Cent et un Macaires' wurden zum Bestseller und zeigen den Aufschneider, Trickser, Hochstapler, Marktschreier in eigener Sache, der seine brave Fassade nur aufrecht erhält, um hinter ihr das zu machen, was ihm als einziges etwas bedeutet: Geld. In hundertundeiner Maske tritt er bei Daumier auf, u.a. als Arzt, Anwalt, Politiker, Mäzen und Künstler.Der 1797 geborene James Rousseau (eigentlich Pierre Joseph Rousseau) lässt in seinem 1842 erschienen Werk 'Robert Macaire. Der unsterbliche Betrüger' (Originaltitel: 'Physiologie de Robert Macaire') die Figur in zweiundzwanzig dieser Rollen Revue passieren. Sein Werk illustriert er mit den Zeichnungen Daumiers.