Brechts Ablösung vom christlichen Glauben zeichnet sich im »Tagebuch No. 10« deutlich ab, und sein Einakter »Die Bibel«, aber auch manches Gedicht, mag dies reflektieren. In erster Linie jedoch ist auch dieses kleine Drama Literatur, ein ästhetisches Gebilde, mit dem Brecht sein Können auslotet, indem er gleichzeitig mit verschiedenen Traditionen bzw. Quellen spielt.
Der Band vereinigt erstmals sämtliche Dichtungen Brechts, die bis Anfang 1916 entstanden sind. Sie dokumentieren die kontinuierliche Entwicklung eines literarischen Talents, das nur ein Ziel kannte: ein grosser Dichter zu werden. Die Texte und die ergänzenden Selbstaussagen Brechts zeugen von den Bemühungen des Schülers, sich das schriftstellerische "Handwerk" anzueignen, vom geradezu strategischen Vorgehen, wenn es darum ging, sich als Autor durchzusetzen, und von seiner Bereitschaft, sich nach Beginn des Ersten Weltkriegs den politischen "Forderungen des Tages" anzupassen, als er erstmals die Möglichkeit hatte, Beiträge in Augsburger Tageszeitungen zu publizieren. Dass der Nationalismus dieser Texte in der Tat vorgegeben ist, Brecht mit den verschiedenen Genres spielt, belegt in beeindruckender Deutlichkeit eine Reihe von Kriegsdichtungen anderer Autoren zum gleichen Thema, die in den gleichen Zeitungen erschienen sind und seinen Texten direkt gegenübergestellt werden.