Gibt es in einer Stadt, die in jedem Jahr nicht nur mehrmals unter Wasser steht und deren Erdgeschosse daher nicht mehr bewohnbar sind, sondern die auch von über 20 Millionen Besuchern überschwemmt wird und in den vergangenen 60 Jahren jährlich rund 2000 Einwohner verloren hat - gibt es in einer solchen Stadt überhaupt ein normales Leben? Genießen die Venezianer außerhalb der Touristenströme wirklich das Guido-Brunetti-Klischee halbadliger Feinschmecker?
Sieglinde Köhle hat über mehrere Jahre dem Alltagsleben der Venezianer auf den campi und piazze, auf den salite, in den calle und den sottopassaggi nachgespürt und dabei viel Normales und viel Skurriles entdeckt, von den Bedrohungen der Stadt durch die riesigen Kreuzfahrtschiffe bis hin zur Modenschau der Hunde; sie blickte in Werkstätten und schaute Kuchenlieferanten hinterher, fand Donald Duck und Katzenasyle, beobachtete die typischen Winterarbeiten und lugte in Zeitungskioske und Lebensmittelgeschäfte. Und sie fand, dass es tatsächlich ein ganz normales Leben in der Serenissima gibt, in deren Kirchensakristeien mehr Tizian- und Tintoretto-Bilder hängen als in allen großen Museen der Welt, in der es aber auch Bücher-Badewannen und Glas-Stilettos gibt. In 81 Kapiteln zeichnet sie ein intimes Porträt dieser unbekannten Bekannten, das einen sogleich die Lust verspüren lässt, an jenem ganz normalen Leben zwischen Gemüseschiff und Marienglauben teilzunehmen.