Sprachkino untersucht die höchst komplexe Beziehung zwischen Sprachlichkeit und Bildlichkeit. Inwiefern kann das Bild Gegenstände abstrakter Sprache repräsentieren? Und, umgekehrt, auf welcher Ebene hat sogar die abstrakteste, etwa philosophische Sprache etwas Bildhaftes? Diese Fragen sind nicht nur relevant für Kunst und Design. Sie betreffen das Verhältnis zwischen visueller Welterfahrung und Sprache, das für unser Denken konstitutiv ist.
Mit Verweis auf linguistische, zeichen- und bildtheoretische Konzepte beschreibt Veronika Reichl die formale Konstruktion von Bedeutung in der Sprache (insbesondere im Satz) sowie die unterschiedlichen Formen von Bildlichkeit in der Philosophie. Ihre empirische Untersuchung besteht darin, Ausschnitte aus philosophischen Originaltexten in Animationsfilm zu "übersetzen". Das gestalterische Arbeiten wird also als ein Forschungswerkzeug eingesetzt, mit dem verschiedene Bezugsweisen von Zeichen in Film und abstraktem Text sichtbar gemacht werden können. Die auf diese Weise entstandenen Filme liegen auf DVD bei.
Anhand von Reichls praktischer Forschung lässt sich nachvollziehen, welche Aspekte der theoretischen Sprache in einer bildlich/filmischen Darstellung aufgerufen werden können und welche nicht.
Die Arbeit insgesamt zeigt so auf, warum das asymmetrische Verhältnis der Natur von bildlichen Informationen und visuellen Metaphern sich bei einer "Übersetzung" nie ganz auflöst - immer bleibt ein paradoxer Rest -, zugleich aber doch die Grundlage aller Sinnproduktion und des Gefühls des Denkens stellt.
Sprachkino basiert auf einer Doktorarbeit im Fach Philosophie, die im Rahmen der Kooperation von Merz Akademie Stuttgart mit der University of Portsmouth entstanden ist.
Dr. Veronika Reichl wurde 1973 in den USA geboren. Sie studierte Kommunikationsdesign an der Merz Akademie in Stuttgart und erwarb den Master of Arts in European Media. Nach einigen Jahren als freie Texterin und Konzepterin in Berlin promovierte sie im Fach Philosophie. 2003 war Veronika Reichl Preisträgerin des Open Mike, internationaler Literaturwettbewerb junger deutschsprachiger Autorinnen und Autoren.