Seit etwa 20 Jahren findet Ásatrú - die Verehrung der germanischen Gottheiten - in zahlreichen Ländern verstärkten Zulauf. Im Gegensatz zu früheren Ansätzen aus völkischen Kreisen stützt Ásatrú sich möglichst genau auf die historischen Quellen und Ergebnisse fachwissenschaftlicher Forschung.
Zwar sind in den letzten zwei Jahrzehnten vermehrt Bücher für eine interessierte Allgemeinheit über die Germanen und ihre Religion erschienen, die aber entweder von reinen Fachgelehrten oder von wissenschaftlichen Laien aus dem Heidentum verfasst waren, wobei letztere durchweg die reichhaltigen Forschungsergebnisse der letzten 50 Jahre nicht zur Kenntnis nahmen, da diese sich ausschließlich in akademischen Fachorganen und zudem meistens noch in englisch oder in skandinavischen Sprachen niedergeschlagen haben.
Kveldúlf Gundarsson aber ist nicht nur ein an der renommierten Universität von Cambridge promovierter Altnordist und Schüler von H.R. Ellis-Davidson, sondern auch langjähriger bekennender und praktizierender Heide, und eine solche Doppelqualifikation besitzt auch der Herausgeber dieser deutschen Ausgabe, die abermals aktualisiert und erweitert wurde. Der Inhalt ist somit auf bestmöglichem Wissensstand, wobei zahlreiche internationale Forschungsergebnisse erstmals in Deutsch und allgemein verständlich vorgestellt werden, während die Annäherung aus heidnischer Sicht durch die Erfahrungen einer langjährigen Glaubenspraxis untermauert wird. Und diese zweigleisige Behandlung des Themas ist das eigentlich Bemerkenswerte an diesem Buch.
Der Inhalt umfasst die Geschichte religiöser Ideen von der Steinzeit bis zur Christianisierung, deren Wiederentdeckung seit dem 19. Jahrhundert, die Darstellung der einzelnen Gottheiten und der Wesen der niederen Mythologie, die alten Vorstellungen über Zusammensetzung menschlicher Persönlichkeit, Jenseitsvorstellungen, das Bild der neun Welten sowie heidnische Tugenden.
Das Buch bezieht klare Positionen gegenüber jenen, die das Bild der Germanen wieder auf die verzerrte Vorstellung romantischer Verklärung des 19. Jahrhunderts oder auf völkische Muster zurückführen und ihre eigenen esoterischen Überzeugungen oder Utopien auf die vorchristliche Zeit projizieren wollen.