Ein Mann macht einen radikalen Schnitt. Er trennt und teilt.
Hier das, was nur dem Menschen zugehört: das Denken; dort
alles andere, nämlich das, was im Gegensatz zum Denken im
Raum erscheint, das Ausgedehnte. Der Mann heißt René
Descartes, ein Philosoph am Anfang des technischen Zeitalters.
Die Folgen seines Schnittes sind weitreichend. Die Grundannahme
der Naturwissenschaften lautete von nun an: Die Natur existiert
für sich, sie ist das Meß- und Wägbare, das Zusammenspiel
von Kräften, das Materiegeschehen. Es ist daher unzulässig,
irgend etwas Menschliches in sie hineinzudeuten. Mit Das Prinzip
Leben tritt Hans Jonas den Gegenbeweis an. Er zeigt auf,
daß das Organische schon in seinen elementarsten Formen
das Geistige vorbildet und der Geist noch in seiner höchsten
Ausprägung Teil des Organischen bleibt. Gegenüber einer
Wissenschaft, welche die belebte Welt mit den Gesetzen der unbelebten
Materie zu erklären und zu beherrschen versucht, und angesichts
einer Geisteshaltung, die den Menschen in die blinden Mächte
des Zufalls geworfen sieht, setzt Hans Jonas die eigene "psychophysische
Ganzheit": Meine eigene Natürlichkeit bedeutet mir etwas.
Dieser zentralen Einsicht zufolge kann jeder von uns als Organismus,
der zugleich Geist und Leib besitzt - das Phänomen des Lebens
unmittelbar an sich selbst erfahren.