Jochen Kelter kehrt in seinem sechsten Gedichtband zur strengen Form des Gedichtzyklus zurück: Sechs mal zwölf Gedichte aus der Mitte des Lebens werden von einem Eröffnungs- und einem Schlußgedicht gerahmt, die den Bogen vom Heute zum Damals schlagen. Die Mitte ist jener Moment, wenn das Leben »aus der Zeit« geht, Lebensplan und Lebenswirklichkeit sich aus den Augen verloren haben, »die Mondseite der Welt« ihre Herrschaft antritt. Es bleibt die »Verteidigung der Wörter« als ästhetischer Ort, an dem der Mensch sich sammeln und in einem Licht sehen kann, das um so klarer ist, als Ambition und Lebensplan nicht seine Quellen sind.
Verteidigung der Wörter - nicht als Kompensation, als Ersatz für das wirkliche,
das flüchtige und scheiternde Leben, sondern als ästhetischer Ort, 'jener
der einzigen zweiten in der hiesigen Wirklichkeit' (Jean Paul). Die LYRIKEDITION
2000 enthält wichtige und interessante Gedichtbände der deutschen Literatur
seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts.