Aus dem Vorwort von Dr. Luise Lutz:
Wer mit Aphasie zu tun hat, weiß, dass sie aus dem Hinterhalt über das gesamte Leben der Betroffenen herfällt und sie mit ihren Angehörigen hilflos zurücklässt. Auf Verzweiflung und Ratlosigkeit folgt oft Einsamkeit, weil weder die Aphasiker noch ihre Umgebung wissen, wie sie diesen Abgrund der Sprachlosigkeit überwinden können. Es dauert lange, bis sie die fast übermenschlichen Kräfte entwickeln können, die nötig sind, um dieser lähmenden Einsamkeit zu entkommen.
Es gibt einige bewegende Berichte von Aphasikern, die ihre jahrelangen Kämpfe auf dem Weg zurück ins Leben beschreiben. Uwe Kellers Text gehört dazu. Er hat darüber hinaus eine ganz besondere Qualität, die man sonst Bestsellern nachsagt: Man kann nicht zu lesen aufhören! Mit ungewöhnlicher Intensität nimmt er uns Leser mit in seine aphasische Welt. Er fängt uns ein: Ich durchlebe seine Ängste mit ihm; ich bin stolz mit ihm, wenn "Ball" verständlich aus seinem Mund kommt, und ich kann - zwischen den vielen erschreckenden Erlebnissen - immer wieder mit ihm lachen.
Uwe Keller hat nach dem Schlaganfall intuitiv die Mittel gefunden, die ihn zur Sprache, zu den Menschen, zur Welt zurückbringen konnten. Eins der wichtigsten: Er hat von Anfang an versucht, ständig - fast ohne Worte - Kontakt zu seiner Umgebung aufzunehmen, und er hat nie resigniert, wenn seine mühsamen Kommunikationsversuche scheiterten. "Menschen sind für mich der Schlüssel zur Sprache", sagt er und spricht damit aus, was für alle Aphasiker gilt. Sprache entsteht im Gespräch, ein Gesprächspartner regt sie im anderen an.
Allerdings genügen Gespräche nicht, die tiefe Krise zu überwinden, die mit Aphasie verbunden ist. Jeder Aphasiker muss die Tatsache seiner Aphasie mit allen Konsequenzen nicht nur erkennen, sondern auch akzeptieren. Uwe Keller weiß, wie schwer das ist. Aber er hat es geschafft. Hinter der Schilderung seiner traurigen wie seiner komischen Erlebnisse ist seine Botschaft zu spüren: "Das Leben ist trotz Behinderung lebenswert."
Ich freue mich, dass es dieses Buch gibt. Und ich freue mich, dass es Uwe Keller gibt. Beiden wünsche ich viel Erfolg.